„Zack zack, Butter bei die Fische!“

Der Großmeister spricht Tacheles, im großen Exklusiv-Interview.

Von Simon Peters

 

Zu Gast beim Großmeister

Es ist Sonntag. Die Zweite Mannschaft der SG Oberense hat soeben die Dritte von Preußen Werl mit 1:0 besiegt. Nach einem erbitterten Fight liegen sich nun „die Jäuste“ in den Armen und freuen sich über den zweiten Sieg im zweiten Spiel. Derweil formieren sich schon die Erste und die Truppe der SpVgg Möhnesee auf dem Platz, aber einem ist das egal. Er geht von Spieler zu Spieler, klatscht ihm auf die Schulter, nimmt ihn in den Arm und der Stolz ist ihm ins Gesicht geschrieben. Aber im Kopf geht er schon die Fehler durch. Das muss besser werden. Am Dienstag beim Training geht es zur Sache, da ist er sich jetzt schon sicher.

 

Dass das Training unter dem Großmeister bei Leibe kein vorweihnachtliches Plätzchenbacken ist, weiß man an der Tigge seit Jahren. Unter verschiedensten Trainern war Hubi zur Stelle, wenn „die Jäuste“ noch ein kleines Bisschen Fitness extra vertragen konnten. Nun ist er selbst der Chef. Und er nimmt die Sache sehr ernst. Denn er hat großes vor, aber große Ziele gehören zu einem Großmeister dazu, wie der Apfelmus zum Kaiserschmarrn. Auf die Frage, wo er die SGO in fünf Jahren sieht, gibt er eine Antwort, die nicht unbedingt zu erwarten war. „Wir bleiben auf jeden Fall die zweite Macht in Ense. Und wenn nicht, ziehen wir vielleicht sogar am TuS Bremen vorbei“. Das ist mal eine Ansage. Ambitioniert, keine Frage. Aber am Ende auch Ausdruck einer Einstellung, die Hubi unter den Spielern so beliebt macht: bedingungsloses Vertrauen in „die Jäuste“. Da geht noch was. Bei jedem. „Und selbst wenn man mal ein Spiel verliert, wenn man den Willen sieht und das spielerische vorwärts geht, dann bin ich für meinen Teil immer hochzufrieden. Immer. Da klatscht man die Spieler auch gerne mal ab nach dem Spiel und nimmt sie auch mal ruhig in den Arm. Weinend.“

 

32 verf**** Biester!!Mit sechs Punkten aus zwei Spielen steht man mit der Zweiten nun in einer Tabellenregion, von der man lange nicht wusste, ob es sie gibt. Da kommt natürlich schnell die Frage auf, wie lange diese Mannschaft auf der Welle des Erfolges weiterschwimmt. Kommt der Aufstieg aus Hubis 5-Jahresplan schon früher als gedacht? „Nein, mein Leben nicht. Das wird nicht wirklich passieren.“ Für ihn ist Lüttringen Favorit. Auf die Frage, was der Zweiten denn noch zum Aufstieg fehle, gibt er eine präzise aber ebenso ernüchternde Antwort: „Punkte. Jede Menge Punkte.“ Auch das ist der Großmeister. Er hat den Blick für das große Ganze und hat seine Ziele klar im Blick. „32 verfickte Biester“ hat er zum Saisonsziel ausgeschrieben. Das weiß mittlerweile jeder, der sonntags am Platz vorbeischaut. Und dann? „Dann machen wir locker Pöleken danach. Ab danach sehe ich das quasi alles nur noch als Testspiele an und da können wir auch mal die anderen spielen lassen.“ Welche anderen? Ich frage nach. Er kriegt ein breites Grinsen auf dem Gesicht und es wird schnell klar: er meint sich. Ein Comeback als Spielertrainer der Zweiten Mannschaft! Bitte liebe Zweite Mannschaft – holt die 32 Biester! Schnell!

 

Aber wer kann es ihm übelnehmen? Diese Truppe macht Spaß. Die Trainingsbeteiligung der Zweiten ist so hoch wie schon lange nicht mehr. Trotz des anstrengenden Programms und einer knallharten Vorbereitung. Oder vielleicht deswegen? „Also die haben ihren Körper ja wirklich geschunden von 0 auf 180. Das ist tatsächlich so. Und ich sag mal, mein Chapaeu, ich ziehe meinen Hut, allergrößten Respekt.“ Doch Hubi hat eine klare Vorstellung von Entwicklung. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Schönen Fußball spielt man nur, wenn man die Wege auch in der 92. Minute noch machen kann. Dafür muss man gerüstet sein. Doch wer jetzt den Eindruck hat, dass Hubi seine „Jäuste“ nur rennen sehen will, der irrt. „Die Mannschaft lebt, und ich sag mal das wird von Spiel zu Spiel alles besser. Überleg doch mal. Früher, da wurden nur lange Dinger gepölt, zack, hinterherlaufen, fertig werden. Mittlerweile sind wir aber so weit, dass wir hinten rum spielen, versuchen über zwei, drei, vier Stationen durchs Mittelfeld zu kommen und dann zum Abschluss zu kommen. Wie gesagt, im Moment sieht es gut aus, und das wird besser.“

 

Ein weiterer Faktor in Hubis Erfolgskonzept: die Motivation. Er zündet sich eine Zigarette an, zieht genüsslich daran, und schildert ein Ereignis aus der letzten Saison, welches ihn seitdem in schlaflosen Nächten heimsucht. „Wenn ich überlege gegen Ampen letztes Jahr Rückrunde. Da haben unsere Jäuste doch einen vorn Arsch gekriegt, ich weiß nicht, 5:0 oder 6:0 oder was. Und dann schlender ich da mal so rüber inner Pause - und dann haben die überhaupt nicht gesprochen! Die haben nicht ein Wort gesprochen! Da bin ich natürlich auch mal n bisschen durchgedreht! Da hab ich natürlich auch mal n bisschen aufn Tisch gehauen. Ich sach ‚Leute, was ist da los, das ist gar nix!‘ Und wenn ich das jetzt vergleiche, von der Einstellung her, was damals war und was heute ist, also da sind wir doch schon um 150% vorne. Ganz klare Ansage.“ Hubi selbst hat immer für den Fußball gebrannt. Einen Spieler, der nicht alles auf dem Platz gibt, nicht alles dafür tut, zum Training erscheinen zu können, kann er nicht verstehen. Es geht einfach nicht in seinen Kopf. „Also wir damals, muss ich ganz ehrlich sagen, sind in Arbeitsklamotten teilweise hoch zum Training, wir wollten ja auch Fußball zocken und wollten ja auch was reißen. In Arbeitsklamotten da hoch, nicht erst nach Hause und aaach, n Stündchen relaxen, und so... den ganzen Schnick Schnack hatten wir ja gar nicht nötig. Wir sind auch so steil gegangen. Das vermisse ich auch teilweise son Bisschen bei den Jäusten heute, aber das ist wahrscheinlich der Gang heutzutage.“

 

Überhaupt sei einiges heute nicht mehr so wie früher. Hubi ist ein echtes SGO-Urgestein und hat aufgehört die Jahre zu zählen. „A-Jugend hatte ich in Waltringen, dann war ich noch ein Jahr beim BSC Werl, und dann ging das ja damals, bei uns hinten im Westen in Werl, da waren wir ja acht Leute, als wir noch in Würden waren.“ Er zählt Namen auf. Stoltefaut, Escherich, Stasius. Namen, die heute kaum einem aktiven SGOler noch was sagen dürften. „Auf jeden Fall kommen wir irgendwie auf acht Mann, die fest in der Ersten waren und dadurch bin ich irgendwann dann nach Oberense gekommen. Dann musste ich noch - Ach du grüne Ulla! - da musste ich noch ein Vierteljahr auf der Bank sitzen, weil die Mistböcke vom Vorstand, die wollten keine Kohle raustun!“ Er lacht. „So siehts aus. Da hab ich gesessen. Auf der Bank. Der Großmeister!! Dann war ich ja zwischenzeitlich dann Rock am Ring, mit nem Kumpel von mir von Westönnen III. ‚Komm sieh zu, kommste eine Saison nach uns hin‘, sagte der und ich, ‚Jou, jou, jou‘, im Suffkopp sagste dann da zu, gibst die Hand drauf, ja toll.“ Aber er ist froh, den Weg zurück nach Oberense gefunden zu haben. Und seitdem ist er der SGO treu geblieben. Auf die Frage, was die heutige SGO von der damaligen unterscheidet gibt er erneut eine messerscharfe Antwort: „Es wird deutlich weniger gesoffen!“ Prost.

 

Heute hat Hubi andere Aufgaben. Ein Trainer hat einen harten Job, da ist er sich sicher. Und nicht jedem geht er leicht von der Hand. „Andere Leute, ich könnte mir vorstellen, Leute wie Hoppo, die das wirklich gelernt haben, die also einen Trainerschein gemacht haben, bla bla bla, denen geht es bestimmt, zack, mal eben ein paar Übungen so locker von der Hand. Könnte ich mir vorstellen, wissen tu ichs aber auch nicht.“ Mühe gibt er sich trotzdem. Ein Großmeister bereitet sich nämlich schon früh auf das sonntägliche Spiel vor. „Sonntag 6 Uhr aufstehen, Gang und Gebe, Käffchen kochen, schön, bisschen (!) frisch machen, mitm Fahrrad Brötchen holen, nochmal das Programm durchgehen, von den letzten Wochen, Frühstücken mit der Hoheit, und dann macht sie irgendwann ihr Häkchen drunter und dann geh ich auch langsam schon mal wieder den Trainingsplan an für die nächste Woche. Guck mir nochmal die ganzen Ergebnisse an, also im Prinzip gehört das ganze Wochenende nur dem Fußball. Zack. Fertig werden.“ Gedanken macht er sich jedoch nicht nur um das Spiel. Nicht nur um die Mannschaft. Er hat, wie bereits angesprochen, immer das große Ganze im Kopf. „Im Endeffekt würde ich ganz gerne hinterher die Zweite Mannschaft als Unterbau von der Ersten sehen. Sodass man wirklich sagen kann, pass mal auf, du, du und du ihr kommt hoch. Dann ist das so, aber dass die Spieler dann auch einigermaßen gleichwertig sind mit den Spielern von der Ersten Mannschaft. Das ist irgendwo mein Ziel. Das beinhaltet langfristig gesehen selbstverständlich den Aufstieg.“

 

Doch die Unterteilung in Erste und Zweite sieht der Großmeister selbst nicht so eng. „Es ist ja nicht so, dass wir jetzt ein Grüppchen sind, die Zweite. Denn so ist es ja absolut nicht, also in meinen Augen find ich das total geil, dass zum Beispiel Matze, der rief mich gestern an und fragte, er wollte ganz gerne zum Training kommen, weil er Mittwoch nicht könne. Selbst Hubi Schulte! Der fragt immer ganz lieb, das find ich immer total geil! Ich glaub der kennt mich noch nicht. Da fragt der ganz attig nach, ‚Sag mal Hubi, darf ich mal öfters zum Training kommen dienstags?‘ Ich sach, ‚Du kleiner Stricher, du muss doch nicht fragen. Komm einfach.‘ Ich sag, da bin ich doch entzückt! Also wie gesagt, Leute sind bei mir immer Herzlich Wilkommen. Die tret ich so dermaßen in den Arsch, entweder werden sie fit oder haben kein Bock mehr. Eins von beiden.“

 

Am Sonntag ist Ampen in Oberense zu Gast. Manch einer handelt den TuS als den ambitioniertesten Aufstiegskandidaten. Das Spiel wird sicher schwerer, als die Eröffnungspartien aus den letzten Wochen. Doch Hubi ist optimistisch. Und das nicht ohne Grund! „Ampen, denk ich mal, wird am Sonntag gnadenlos einen vorn Arsch kriegen, ich hab nämlich den Masterplan.“ Mehr will er nicht verraten. Ein Großmeister lässt sich nicht gerne in die Karten schauen. Etwas gibt er dann jedoch trotzdem Preis, und so treffen wir auf einen alten Bekannten. „Der Paolo, die Flitzpiepe! Wenn der nicht zum Schuss kommt ist, alles gut. Was der an Hütten macht ist ja Wahnsinn!“ Ob man den stoppen kann, frage ich. „Ja aber hallo? Hallo, hallo? Ab, ab, ab in die Möhne mit dem Kerl!“ Hubi wird wissen, wie das gelingen wird. Und wir alle dürfen gespannt sein, was er sich für morgen alles ausgedacht hat. Um 15:00 Uhr, wenn sich die Erste und die Truppe von Wickede auf dem Platz formieren, würde er am liebsten wieder etwas bleiben. Seine Spieler abklatschen, sie in den Arm nehmen. Jeden einzelnen. Weinend. „Glückstränen selbstverständlich, bist du irre?“

 


Das große Exklusiv-Interview in voller Länge stellen wir demnächst über unsere Facebook-Page zur Verfügung. Noch kein Facebookfan der SGO? -> www.fb.com/SGO73

   

Unsere Sponsoren  

   
   
   
© SG Oberense 2016